Königin Elisabeth I. von England (1533-1603) Eine Vordenkerin im Königsgewand

Elisabeth im Alter von ca. 59 Jahren

Elisabeth I. lebte in einer Zeit, die von starken Umbrüchen und Konfliktherden geprägt war: Glaubenszweifel, neue Weltanschauungen, eine Ausbreitung (neuer) literarischer, philosophischer und wissenschaftlicher Interessen kennzeichnen das 16. Jahrhundert. Genauso vielfältig sind die unterschiedlichen religiösen Strömungen, welche hier aufeinander trafen und zu Auseinandersetzungen führten. Das 16. Jahrhundert war ein besonders brisanter Zeitabschnitt, indem die englische Königin sich dennoch ganze 45 Jahre (1558-1603) behaupten konnte. In Zeiten größter Spannungen gelang es ihr, die Unabhängigkeit ihres eigenen Landes zu sichern. Ihr Ziel verlor sie dabei nicht aus den Augen: Die englische Macht zu steigern – denn nur so kam ihrer Nation die Rolle in der Weltpolitik zu, welche sie für England vorsah. Trotz der allgegenwärtigen Konkurrenz um den Königsthron ließ sie sich dabei nicht von ihrem Weg abbringen. Worauf Elisabeth setzte, welche charakterlichen Eigenschaften ihr Wesen kennzeichneten und was die moderne Politik von Elisabeth selbst heute noch lernen kann, erklärt der nachfolgende Artikel.

In Zeiten größter Spannungen gelang es ihr, die Unabhängigkeit ihres eigenen Landes zu sichern. Ihr Ziel verlor sie dabei nicht aus den Augen: Die englische Macht zu steigern – denn nur so kam ihrer Nation die Rolle in der Weltpolitik zu, welche sie für England vorsah. Trotz der allgegenwärtigen Konkurrenz um den Königsthron ließ sie sich dabei nicht von ihrem Weg abbringen. Worauf Elisabeth setzte, welche charakterlichen Eigenschaften ihr Wesen kennzeichneten und was die moderne Politik von Elisabeth selbst heute noch lernen kann, erklärt der nachfolgende Artikel.   

1. Von einer Gefangenen zur Königin: Elisabeth und ihr steiniger Weg zum Thron

Wer einmal den Tower of London besichtigt hat, kennt die bedrückende Atmosphäre hinter den kalten Mauern – denn der Tower, heute ein beliebtes Touristenziel, war von 1101 bis 1941 ein Gefängnis für höher gestellte Gefangene der britischen Aristokratie. Auch Elisabeth I. verbrachte dort mehrere Wochen: Im Jahr 1554 unterstellte man der Tochter von Heinrich VIII. (1491-1547) eine Teilnahme an der Wyatt-Rebellion gegen die katholische Königin Maria Tudor (1516-1558). Das Urteil: Eine achtwöchige Gefangenschaft im Bell Tower. Hintergrund der Anschuldigungen war die Konkurrenz Elisabeths mit ihrer Halbschwester Maria Tudor, welche ebenfalls in der Thronfolge vorgesehen war.

Bereits vor der eigentlichen Krönung Elisabeths I. zogen ihre Kritiker die Legitimität der Thronfolge der jungen Elisabeth in Zweifel. Ihr Vater, Henry VIII., hatte aus dynastischen Gründen und gegen den Willen der Kurie die Scheidung Katharina von Aragon, der Mutter von Maria Tudor, vollziehen lassen, um sich mit Anne Boleyn (1501/1507-1536), der Mutter von Elisabeth I., vermählen zu können. Dies führte zur Trennung Englands von Rom. Ebenjene Abspaltung vom katholischen Glauben machte die kleine Elisabeth in den Augen Roms und dessen Anhängern umso mehr zum Bastard, also zu einem unehelichen Kind, das in einem nicht standesgemäßen Verhältnis gezeugt wurde. Ein schwerer Einstieg – und doch bewies die junge Prinzessin viel Ehrgeiz und Wissbegierde hinsichtlich ihrer Ausbildung. Bereits in ihrer Jugend entdeckte sie ihre geistigen und politischen Fähigkeiten, die ihr auch später von Nutzen sein sollten.

Was die Erbfolge anbelangte, so hatte man zunächst Heinrich VIII. die Entscheidung diesbezüglich überlassen, der seinen Sohn Eduard VI. (1537-1553) an die erste Stelle seiner Thronfolge setzte. Maria Tudor wies er, nach einigen Auseinandersetzungen, die zweite Stelle zu. Erst wenig später schrieb auch das Parlament Elisabeths Thronfolge per Gesetz fest. Sie folgte demnach an dritter Stelle. Als im Jahr 1553 Eduard VI. an Tuberkulose verstarb, bestieg Maria I. Tudor den Thron, nachdem sie ihre Konkurrentin Jane Grey, eine Cousine von Elisabeth I., ausschalten ließ. Sie hatte nämlich auch ein Auge auf die englische Krone geworfen. Und auch der Machtkampf zwischen Elisabeth und Maria, der schon im Kindesalter ihren Anfang nahm, sollte bald seinen Höhepunkt erreichen.

1.1 Kindheit und Konkurrenz zu Maria I. Tudor

Elizabeth und Maria Tudor – Zwei Mädchen, die nicht hätten unterschiedlicher sein können: Während Maria Tudor (Bild unten) durch ihre Mutter Katharina von Aragon in Sinne eines strengen katholischen Glaubens aufwuchs, erzog man Elisabeth protestantisch.

Die Prinzessin Elisabeth war nicht nur begabt in Sprachen, sondern besaß auch einen analytischen Geist, mit dem sie ohne große Mühe komplexe Sachverhalte durchschauen und diese anschließend auch sprachlich gut zum Ausdruck bringen konnte. Die Ausbildung von Elisabeth war dabei humanistisch geprägt. Diese begann 1544 im Alter von zehn Jahren, als sie von Catherine Parr (1512-1548), der sechsten und zugleich letzten Frau von Heinrich VIII., an den Hof geholt wurde. Cicero, Livius und Tacitus gehörten genauso zum Lehrinhalt ihrer Ausbildung wie die Grundzüge der protestantischen Theologie, sowie der Geschichte und der Rhetorik. Vor allem aber schulte man ihre sprachlichen Fähigkeiten. So beherrschte Elisabeth neben den antiken Sprachen auch das Italienische, Französische und Spanische.

Maria Tudor - Portrait

Insbesondere ihre Sprachfertigkeiten waren ihr auch im Zuge ihrer Regentschaft von Vorteil, da sie sich mit Gesandten aus fernen Ländern unterhalten konnte, ohne dabei auf andere angewiesen zu sein. Die offen ausgetragene Rivalität zwischen Elisabeth und ihrer Halbschwester hingegen schulte sie auf dem Gebiet des politischen Machtkampfes: Oft setzte auch die Öffentlichkeit die beiden Halbschwestern in einen direkten Vergleich. Der Botschafter Venedigs, Michieli, berichtete 1557 in diesem Kontext beispielsweise vom schärferen Verstand und Geist der jungen Prinzessin, die Maria Tudor weitaus überlegen sei. So hart die ersten Jahre von Elisabeth I. auch gewesen sind, wirkten sie sich jedoch auch prägend auf ihren Charakter aus, der sich schon in jungen Jahren durch ein großes Maß an Durchsetzungswillen, Prinzipientreue und Standhaftigkeit auszeichnete.  

1.2 Thronbesteigung

Religionsstreitigkeiten mit ihrer Halbschwester als auch Gerüchte über Komplotte und Pläne Elisabeths ihre Halbschwester zu stürzen, bedrohten die junge Frau während der Herrschaft von Maria Tudor fortwährend. Vor allem befürchtete man, dass – hervorgerufen durch die Rekatholisierungsmaßnahmen der englischen Bevölkerung durch Maria I. – ihre Stellung gefährdet sein könnte, da der Widerstand in der Gesellschaft zunehmend anwuchs und Elisabeth die Liste der Thronfolgeberechtigten anführte. Auch die Berater der Königin wandten sich gegen Elisabeth und behaupteten, dass England erneut von Rom abfallen würde, ließe man die Protestantin Elisabeth am Leben.

Man entschied sich neben der bereits erwähnten Haftzeit im Tower ebenfalls dazu, Elisabeth am Ende des Jahres 1553 von der Thronfolge auszuschließen, da sie eine Ketzerin und Heuchlerin sei. Durch diesen Schachzug degradierte man sie in aller Öffentlichkeit und wähnte sich anschließend in Sicherheit. Elisabeth selbst nahm all dies ohne Aggressionen zu zeigen entgegen und zog sich, noch vor ihrer Haftzeit, welche ein Jahr später folgte, auf ihren Landsitz zurück. Ein langer Atem und die Fähigkeit, selbst in prekären Situationen Ruhe zu bewahren, ermöglichte ihr nicht nur zu diesem Zeitpunkt, sondern auch später selbst die höchsten innerpolitischen Hürden zu überwinden. Die Ernte konnte sie fünf Jahre später einfahren: Zu diesem Zeitpunkt bestieg sie, trotz aller anfänglichen Widerstände, den englischen Thron. Doch wie kam es dazu?

Tower of London – © Bob Collowan/Commons/CC-BY-SA-4.0

Bevor Elisabeth im Herbst 1558 ihr Regierungsamt antreten sollte, verstarb zunächst ihre Halbschwester im November desselben Jahres in Folge einer Grippe. Erst wenige Wochen zuvor, am 28.10.1558, ernannte Maria Tudor ihre Halbschwester zu ihrer Erbin und Thronfolgerin. Dahinter stand vor allem das Drängen von ihrem Parlament, welches befürchtete, dass die Königin von Schottland, Maria Stuart (1542-1587), den Thron erben sollte. Diese Entscheidung ebnete Elisabeth schließlich den Weg zum Königsthron. Mit nun 25 Jahren bestieg sie diesen. Ihr Reich war zu jener Zeit jedoch stark geschwächt: Mit dem französischen Krieg, den Maria Tudor auf Wunsch ihres spanischen Ehemanns Philipp II. (1527-1598) begonnen hatte, hatte auch die militärische Stärke des Reichs deutlich abgenommen. Auch finanziell befand sich England in einer schwierigen Lage: Maria Tudor vererbte ihrer Halbschwester nicht nur die Königswürde, sondern auch Schulden in einer Höhe von 260.500 englischen Pfund.

2. Außen-, Innenpolitik und der Konflikt mit Maria Stuart

Mit ihrem Regierungsantritt im November 1558 veranlasste Elisabeth I. zunächst einen Ausbau des innerpolitischen Systems: Das elisabethanische Regierungssystem sollte nicht nur überschaubarer geschnitten, sondern auch klarer von der Struktur sein, um seine volle Wirkungsmacht entfalten zu können. Das wichtigste Werkzeug ihrer Regierung war der Geheime Staatsrat, auch Privy Council genannt. Dessen Hauptaufgabe bestand vordergründig darin, der Monarchin bei innen- und außenpolitischen Angelegenheiten sachlich zur Seite zu stehen.

Um effektiver zu arbeiten, verkleinerte Elisabeth zunächst diesen geheimen Staatsrat. Waren es zuvor über 40 Mitglieder, bestätigte sie nun elf. Als Ersten Staatssekretär setze sie Sir William Cecil ein. Er befasste sich mit Religionsfragen und bewachte die Aktivitäten der katholischen Priester und Laien, um die Stellung der Anglikanischen Kirche, welche übrigens ihr Vater gegründet hatte, zu sichern. Außerdem fiel sowohl die Küstenverteidigung in seinen Aufgabenbereich als auch die Bevorratung von Munition und Pulver der Streitkräfte des Reiches. Der Staatsrat zählte unter der Regierung von Elisabeth nie mehr als 19 Mitglieder. Seine Hauptaufgaben umfassten die Abwicklung der alltäglichen Amtsgeschäfte der Königin, Konflikte zwischen Parteien zu regeln und auch die Staatsfinanzen wurden vom Rat geregelt – jedoch stets in Zusammenarbeit mit der Königin, da sich diese als letzte Kontrollinstanz verstand.  

Insbesondere Glaubenskriege bzw. die Spannungen zwischen den Konfessionen, Protestanten und Katholiken kennzeichneten die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts in England: Personifizieren ließ sich dieser Konflikt in der Rivalin Maria Stuart, einer Enkelin der Margaret Tudor, der Schwester von Heinrich VIII.. Maria Stuart erhob demnach den Anspruch auf den englischen Thron. Schließlich war sie nicht wie Elisabeth ein „Bastard“. Vielmehr war sie vom königlichen Geblüt und fungierte in der Rolle der gläubigen Katholikin auch als Hoffnungsträgerin für den Papst in Rom und andere katholische Herrscher. Ihr oberstes Ziel war es demzufolge zeitlebens, die Krone Englands ihr Eigen zu nennen.

Und Elisabeth? Sie wusste um die Bedrohung durch die Königin von Schottland. Da diese aber auch eine Königin und dahingehend eine „Gesalbte Gottes“ war, war es Elisabeth nicht möglich, sie durch eine Hinrichtung per se zum Schweigen zu bringen. Aus diesem Grund fokussierte sich Elisabeth zunächst auf die außenpolitischen Probleme, mit denen sie ebenfalls zu kämpfen hatte.

Im Jahr 1559 beendete die Königin den verlustreichen Krieg mit Frankreich, den Maria Tudor geführt hatte, um Calais wieder zurückzugewinnen. Obwohl man den Krieg beendete, beharrte Elisabeth dennoch auf der Zurückgabe von Calais, da sie dies als Angelegenheit der nationalen Ehre auffasste. Erst nach einem Gespräch mit dem spanischen König Philipp II. kam es schließlich zu einem Friedensvertrag, der aushandelte, dass England nach acht Jahren Calais zurückerhalten solle. Bis Ostern 1559 gelang es Elisabeth schließlich, Frieden mit Schottland und Frankreich zu schließen.

In den Folgejahren ihrer Regierung fasste Elisabeth vor allem eine Politik des Gleichgewichts in den Blick: Dementsprechend unterstützte die Königin beispielsweise den Freiheitskampf der Niederlande gegen Spanien, der ab 1568 einsetzte und in einem 80-jährigen Krieg mündete, welcher bis 1648 andauerte und schließlich die Selbstständigkeit der Niederlande zur Folge hatte. Grund für den Krieg waren auch hier auch vor allem religiöse Querelen zwischen Protestanten und Katholiken. Bereits in den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts drangen protestantische Lehren in die Niederlande vor: Es entwickelte sich schnell ein differenzierter Protestantismus. Dieser umfasste nicht nur Lutheraner und revolutionäre Täufer (Mennoniten), sondern vor allem auch Anhänger des Calvinismus, die ab 1560 eine führende Position in den Niederlanden einnahmen. Elisabeth war sich der Bedeutung der Niederlande für England bewusst, da rund zwei Drittel des britischen Gesamtexports über Antwerpen abgewickelt wurde.

Obwohl die Königin Religionsfragen mit einer gewissen Toleranz betrachtete, unterstützte sie die Niederländer vor allem auch aus einer persönlichen Sympathie als Protestantin. Dennoch verhielt sie sich auch dem katholischen Spanien gegenüber diplomatisch, da sie wusste, dass ihr eigenes Land zu dieser Zeit erst wieder am Erstarken war. Obwohl sich England zur Mitte der siebziger Jahre des 16. Jahrhunderts zu einer beachtlichen Handels- und Wirtschaftsmacht ausgebaut hatte, konnte die Nation der spanischen Stärke dennoch (noch) nicht vollends Widerstand leisten.

2.2 Machtkampf mit Maria Stuart

Zudem drohte ihr auch aus ihren eigenen Reihen Gefahr: Nach dem Tod von Maria I. Tudor hatte der französische Schwiegervater von Maria Stuart ebenjene im Jahr 1558 als rechtmäßige Erbin der englische Krone ausrufen lassen. Maria Stuart sollte zeitlebens auf ihrem Wappen sowohl die schottischen, die französischen als auch englischen Wappentiere bzw. Symboliken tragen. Der Konflikt zwischen den beiden Monarchinnen war also vorprogrammiert und als Papst Pius V. die englische Königin Elisabeth im Jahr 1570 noch mit einer Bannbulle versah und somit exkommunizierte, also aus der Heiligen Römisch-Katholischen Kirche ausschloss, erreichten die Streitigkeiten ihren Höhepunkt. Noch dazu forderte der Papst die Katholiken in England dazu auf, Elisabeth zu Gunsten der dem Katholizismus zugewandten schottischen Königin zu stürzen.

Maria Stuart heiratete drei Mal. Mit 25 Jahren ging sie ihre dritte Ehe ein, welche ihr schließlich zum Verhängnis werden sollte. In einer protestantischen Zeremonie ehelichte sie James Hepburn, den vierten Earl von Bothwell. Es kam im Zuge dessen jedoch zu Aufständen. In Folge dieser sah Maria Stuart keine andere Wahl als abzudanken und übergab 1567 ihrem Sohn Jakob VI., der spätere Nachfolger von Elisabeth I., die Regentschaft. Um sich nun in Schutz zu bringen, flüchtete Maria nach England zu ihrer Cousine. Sie hoffte, dass Elisabeth sie aus monarchischer Solidarität heraus unterstützen würde, doch entschied sich diese für eine Gefangennahme ihrer Verwandten – zu groß war die Furcht, dass die schottische Königin die britische Krone an sich reißen könnte.

Maria Stuart war in mindestens zwei Verschwörungen zum Sturz der englischen Königin verwickelt. 1571 kam es zur Ridolfi-Verschwörung. Als 1586 auch noch die Babington-Verschwörung aufgedeckt wurde, an der auch Spanien beteiligt war, dauerte es nicht lange, bis Maria letztlich von einem Gericht schuldig gesprochen wurde. Das Urteil: Tod aufgrund von Hochverrat. Elisabeth sah keinen anderen Ausweg mehr. Nach langem Zögern ließ sie ihre Cousine, trotz ihrer königlichen Stellung, hinrichten.

2.2 Exkurs: Warum Elisabeth auf eine Ehe verzichtete

Einen Nachkommen zu gebären, das erwartete das Volk von einer Königin. Blieb eine Ehe kinderlos, dauerte es nicht lange, bis Gerüchte kursierten und eine Königin in Verruf geriet. Natürlich hielten auch eine Reihe von Männern um die Hand der Königin an, die sich aber gegen eine Ehe entschied. Schon kurze Zeit nach dem Tod ihrer Halbschwester Maria Tudor bot sich ihr Schwager Philipp II. als Ehemann an. Es folgten u. a. der russische Zar Iwan IV., der Schreckliche, die französischen Herzöge Henri von Ajou und Franz-Hercule von Alençon. Eine tiefere Verbindung ging sie aber mit keinem von den genannten Männern ein.

Eine Ausnahme war jedoch Lord Robert Dudley (Link in englischer Sprache) 1533-1588, Graf von Leicester, den die Königin näher ins Auge fasste. Eine Hochzeit fand letztlich jedoch nicht statt. Nicht nur, dass man Dudley eine Zeugungsunfähigkeit nachsagte, sondern auch sein schlechter Ruf, der ihm in anderen Ländern vorauseilte und der mysteriöse Tod seiner Ehefrau hielten Elisabeth I. schließlich davon ab, mit ihm die Ehe einzugehen. Die Treue hielt sie ihm dennoch ganze 30 Jahre. Was aber war der wirkliche Grund für Elisabeths Ehelosigkeit? Fürchtete sie, ihre Unabhängigkeit durch ein Ehebündnis zu verlieren? Oder verglich sie ihr Amt als Monarchin mit dem Amt eines Geistlichen, der ihrer Auffassung nach nicht heiraten sollte?

Fest steht: Elisabeth liebte ihre Unabhängigkeit. Diese war auch ein wesentlicher Grundpfeiler ihres Erfolgs. Eine Ehe hätte ihrerseits zu Restriktionen geführt. In der Öffentlichkeit machte sie deutlich, dass ihr vor allem das Glück ihrer eigenen Nation am Herzen liege. Sie setzte demnach ihren „Beruf“ vor ihr privates Glück. Dennoch war ihr durchaus bewusst, dass fehlende Nachkommen auch den Fortbestand ihrer Dynastie gefährdeten. Sie selbst äußerte sich wie folgt zu dem Sachverhalt: „ (…) es hat Gott dem Allmächtigen gefallen, Uns so zu schaffen, daß Wir Uns nie zu einer Hingabe entschließen konnten, die zu eigenen Nachkommen hätte führen können – worüber Wir nicht um Unseretwillen betrübt sind, sondern nur deshalb, weil Wir merken, wie unendlich glücklich Unser Volk über die Gewißheit wäre, später von niemand anders als von Unseren eigenen Nachkommen regiert zu werden.“[1]  

3. England lebt unter Elisabeth I. wieder auf

Die Babington-Verschwörung gegen Elisabeth I., an der auch Maria Stuart beteiligt war, verdeutlicht noch einmal die religiösen Spannungen im Land: Angefacht durch die Verhaftung und Hinrichtung der Katholikin Maria Stuart durch die Protestantin Elisabeth, entsandte das katholische Spanien eine große Flotte gegen England. Die spanische Armada, welche den Sturz der Königin zum Ziel hatte, unterlag jedoch der englischen Flotte. 1588 besiegten die englischen Schiffe die zahlenmäßig überlegene Kriegsflotte der Spanier, was zum einen an den ungünstigen Wetterbedingungen lag und zum anderen daran, dass die englischen Schiffe manövrierfähiger waren. Obwohl Elisabeth I. den spanischen König Philipp II. nicht gänzlich in die Knie zwingen konnte, gehörte der Ausbau Englands zur Seemacht dennoch zu den größten Erfolgen ihrer Regierung.

Elisabeth legte während ihrer Regierungszeit des Weiteren wesentliche Grundsteine für die gesunde Weiterentwicklung Englands: Demnach gründete sie nicht nur die Handelsgesellschaft (1599), welche später als Ostindische Kompanie bekannt wurde, sondern organisierte auch den Sklavenhandel zwischen Afrika und Westindien. Innenpolitisch setzte sie sich für eine verbesserte Ausbildung von Handwerken ein und sorgte für festgeschriebene Löhne sowie Preissenkungen. Elisabeth war es ein großes Anliegen, die Armut in ihrem Land zu bekämpfen. Nach kurzer Zeit fielen so auch die Steuern geringer aus als in anderen Ländern. Darüber hinaus konnte im Zuge der positiven Entwicklung im Jahr 1566 die Londoner Börse eröffnen und auch Kunst und Kultur blühten auf, wie die Werke der Dichter William Shakespeare und Edmund Spenser, sowie die Renaissancekultur als solche bezeugen.   

5. Eine Schlussbetrachtung – Elisabeth: gestern und heute?

Irak, Syrien, Jemen – auch die Liste der aktuellen Konfliktherde ist lang. Insbesondere der Afghanistankonflikt ist selbst nach Jahrzehnten noch ein Pulverfass. Beim Versuch eines Aufbaus einer demokratischen Staatlichkeit prallen hier, ähnlich dem elisabethanischen Zeitalter, unterschiedliche Kulturen, Religionen und Wertvorstellungen aufeinander. Welche Eigenschaften der Politikerin Elisabeth aus dem 16. Jahrhundert lassen sich in diesem Zusammenhang gesondert hervorheben?

Elisabeth, obwohl sie selbst mit protestantischen Werten aufwuchs, sprach sich stets dafür aus, die Religion als individuelle Angelegenheit zu betrachten. Auch kam die Diplomatie bei ihr nicht zu kurz: So setzte sie Verhandlungen als erste Instanz vor Kriegshandlungen – denn sie wusste, dass sich Konflikte nicht durch eine Maximierung von Gewaltanwendungen lösen lassen. Vielmehr bedarf es einer (diplomatischen) Strategie, die das Ganze in den Blick nimmt.

Dennoch, trotz der gelebten Toleranz und Diplomatie: Elisabeth zeichnet sich auch durch Beharrlichkeit und Durchsetzungsstärke ihrer eigenen Ideale gleichermaßen aus. Sah sie sich und ihre Stellung bedroht, hielt sie zwar an jenen Idealen fest, begegnete jeder Herausforderung jedoch mit Reflexion und Achtsamkeit. Zu vorschnellen Entscheidungen ließ sie sich nicht hinreißen. Ihre Regierung zeugt zudem von ihrer humanistischen Bildung. Der Mensch stand jeher im Zentrum ihrer politischen Entscheidungen. Dennoch ließ sie sich bei ihrem Handeln nicht von Emotionalität leiten. Vielmehr setzte sie auf gut durchdachte Strategien.

Elisabeth verstand es, Situationen analytisch zu durchdringen und setzte zugleich auf ausgewählte Berater, die ihr zur Seite standen. Sie wusste, dass sie schwere (politische) Entscheidungen nicht im Alleingang lösen konnte. Nichtsdestotrotz behielt sie auch hier stets die Oberhand. Sie wollte keine Marionette sein, die sich für Intrigen und Machtkämpfe anderer missbrauchen lässt. Auch ruhte sie sich nicht auf ihrer Machtposition aus und ließ sich von ihrem Volk selbstverliebt zelebrieren. Gerade diese Einstellungen und Charakterprägungen bewirkten letztlich, dass Elisabeth ganze 45 Jahre die Macht innehalten konnte – trotz aller Widerstände.

Im Alter von 70 Jahren verstarb die „jungfräuliche Königin“, die zwar „nur“ eine Frau war, sich aber auf dem politischen Spielfeld des turbulenten 16. Jahrhunderts bestens behaupten konnte. In die Geschichte ging sie schließlich ein als willensstarke Monarchin, die respektiert und zugleich gefürchtet wurde – von Spanien bis Frankreich, vom Papst bis zum Kaiser. Kurz gesagt: von allen.

Literatur und Auswahlbibliographie

Jürgen, Klein, Elisabeth I und ihre Zeit, München 20102.

ZDF, Elisabeth und Maria Stuart (08.12.2013), https://www.zdf.de/dokumentation/frauen-die-geschichte-machten/elisabeth-und-maria-stuart-102.html (14.02.2020).

Pusch, Luise F., Elisabeth I. Königin von England (o.D.), https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/elisabeth-i-koenigin-von-england/ (23.02.2020).

Vogt-Lüerssen, Maike, Elisabeth I. von England (1533-1603). Die größte Politikerin des 16. Jahrhunderts (O.D.), www.kleio.org/de/geschichte/renaissance/frauen/elisabeth1/ (15.02.2020).

o.A., Elisabeth I. Königin von England (o.D.), https://www.wissen.de/lexikon/elisabeth-i-koenigin-von-england (20.02.2020).

Whitelock, Anna, Mary Tudor. England´s First Queen, Bloomsbury 2010.

Neville Williams: Elisabeth I. von England. Beherrscherin eines Weltreichs, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1988.

Goch, Mariane, Maria Stuart (1992), https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/maria-stuart/ (17.02.2020).

o.A., Elisabeth I. (2010): https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/geschichte/artikel/elisabeth-i (19.02.2020).

Roro, Elisabeth I. von England (02.09.2008): https://www.wasistwas.de/archiv-geschichte-details/elisabeth-i-von-england.html (23.02.2020).