Die Babenberger Fehde – Der Untergang der älteren Babenberger

Gepanzerte Reiter mit Bandhelmen und Rundschilden

Anfang des 9. Jahrhunderts betraten die adeligen Konradiner erstmals als Akteure die politische Bühne des karolingischen Reichs. Während nur weniger Jahrzehnte verlagerten die Konradiner ihr Einflussgebiet immer näher an die traditionellen Einflusssphären der hochadeligen Familien der Babenberger und der Liudolfinger. Ein politischer Konflikt mit reichsweiter Bedeutung entstand und mündete Ende des 9. Jahrhunderts in eine handfeste Adelsfehde zwischen den Babenbergern und den Konradinern. Der Konflik schaukelte sich immer weiter auf und am Ende gipfelten die Kämpfe in Mord, Blutrache und Verrat. Die Babenberger erlitten eine vernichtende Niederlage, die den Konradinern den Weg zur Königsherrschaft – wenn auch nur für kurze Zeit – ebnete.

Regino von Prüm, Abt und zeitgenössischer Geschichtsschreiber, berichtet zum Jahre 897 in seiner Weltchronik, dass „Um diese (…) Zeit zwischen dem Bischof Rudolf von Würzburg und den Söhnen des Herzogs Heinrich Adalbert und Heinrich aus geringfügigen Ursachen ein gewaltiger Hader der Zwietracht und ein Streit unversöhnlichen Hasses [entsteht], und wie aus einem ganz geringen Funken eine ungeheure Feuersbrunst entfacht wird, so vergrößert er sich von Tag zu Tage zunehmend ins Unermessliche.“ Regino beschreibt hier den Beginn der berühmten Babenberger Fehde, die laut Mittelalter-Experten „die Grundfesten des ostfränkischen Reichs erschüttert[e]“.

Die moderne Forschung bejaht heutzutage die Behauptung Regino von Prüms, die Babenberger Fehde habe enorme Ausmaße angenommen – zumindest für mittelalterliche Verhältnisse. Was allerdings die Auslöser und die Gründe der Fehde betrifft, so geht man heute davon aus, dass diese keinesfalls „gering“ waren und die Fehde auch nicht aus ganz „geringfügigen Ursachen“ entstanden ist. Die Ursachen waren dagegen politischer Natur und lagen im sich verändernden Machtgefüge des karolingischen Reichs zum Ende des 8. Jahrhunderts begründet.

1. Die beteiligten Adelsfamilien: Babenberger und Konradiner

Doch zunächst zu den beiden an der Fehde beteiligten Adelsfamilien, die sich in der Babenberger Fehde heftige Auseinandersetzungen lieferten: die sogenannten Babenberger und die Konradiner. Diese beiden hochadeligen Familien-Clans waren fest in das Machtgefüge des spätkarolingischen Reichs integriert, in dem die königliche Zentralgewalt immer weiter zugunsten der mächtigen Adelsfamilien dieser Zeit bröckelte.

Beteiligt an der „Babenberger Fehde“ waren einerseits die sogenannten „älteren Babenberger“ oder auch „Popponen“, die nicht mit den „jüngeren Babenbergern“ verwechselt werden dürfen. Die älteren Babenberger (Popponen) hatten als alteingesessene fränkische Adelsfamilie ihren geografischen Schwerpunkt vor allem im Maingebiet (Regionen des Frankenreichs, siehe Karte). Direkt an der Fehde beteiligt waren die drei Babenberger Brüder Heinrich II († 902), Adalbert († 906) und Adalhart († 902). Der so genannte Graf „Poppo“ stellte als Großvater der drei Brüder den ältesten bekannten Vorfahren der Babenberger und wird urkundlich in den Jahren 819 – 839 erwähnt. Poppos Sohn Heinrich I (860 – 882) wiederum war der Vater der Brüder. Die Babenberger waren verwandtschaftlich mit einem mächtigen Adelsgeschlecht dieser Zeit verbunden, den „Liudolfingern“.

Die Gegner der Babenberger, die Konradiner, stammen ursprünglich aus dem Trierer Raum.  Die Vertreter der Konradiner, die während der Babenberger Fehde eine Rolle spielten, waren ebenfalls Brüder: Graf Konrad der Ältere († 906), Graf Eberhard († 902), Bischof Rudolf von Würzburg († 908) und Graf Gebhard († 910). Die Konradiner hatten sich mit Beginn des Konflikts mit den Babenbergern immer weiter in einflussreichen Positionen um die karolingischen Könige des ostfränkischen Reichs positionieren können.

2. Ursachen und Vorgeschichte der Babenberger Fehde

Allerdings hatte die konradinische Vormachtstellung im Reich nicht immer so bestanden. Bis Mitte des neunten Jahrhunderts spielten die Babenberger im Umfeld karolingischen Königs Ludwig (III) des Jüngeren eine entscheidende politische und militärische Rolle. Dieser Umstand begründete sich vor allem aus der überragenden Rolle des Babenbergers Heinrich I als „princeps militiae“ – als „Führer des Militäraufgebots des ostfränkisch-karolingischen Königs“.

2.1 Machtverschiebungen innerhalb des karolingischen Königreichs

Erst 887 mit der Thronbesteigung des Karolingers Arnulfs von Kärnten wandelte sich diese Situation. Die Bemühungen des neuen Königs, seine Herrschaft über andere Adelsgruppen aufzubauen, führte zu einer Bevorzugung der Konradiner gegenüber den Babenbergern. Allerdings war Arnulf nicht daran interessiert, die Konradiner zu mächtig werden zu lassen. Erst mit dem Herrschaftsantritt des Königs Ludwig des Kinds – einem Herrscher im Kindesalter – wurde der Einfluss der Konradiner übermächtig. Den Konradinern gelang es, sich in einflussreichen Positionen im Regentenkreis rund um den formalen Herrscher des Frankenreichs zu positionieren, der eine Vormundschaftsregierung für den Kindkönig führte. Dabei verfügte Ludwig das Kind Ende des 9. Jahrhunderts kaum mehr über reale politische Macht – die Konradiner durch ihren Einfluss im Regentenkreis umso mehr. Sie konnten sich auf die Unterstützung anderer einflussreichster Hochadeliger – damals Große genannt – verlassen, die dem Regentenkreis ebenfalls angehörten. Besonders mächtig waren zu dieser Zeit der Erzbischof von Mainz, „Hatto“, und der Herzog von Bayern, „Luitpold“.

Ludwig das Kind in einer Zeichnung aus späterer Zeit

2.2 Reichsweiter Machtkampf am Beginn des 9. Jahrhunderts

Durch ihren weiter wachsende Einfluss gewannen die Konradiner im Laufe der Zeit immer mehr an Selbstbewusstsein und griffen Mitte des 9. Jahrhunderts – ausgehend vom Trierer Raum – in das Lahngebiet (heutiges Nordwest-Hessen) über. Ab ca. 876 begannen sie weiter zu expandieren Richtung Wesergebiet, Sachsen und nach Osthessen. Eben dadurch gerieten sie aber in Gegensatz zu den dort vorherrschenden Familien, den Babenbergern und den Liudolfingern. So entwickelte sich im Verlauf des 9. Jahrhunderts eine sich kontinuierlich aufladende Spannungssituation im Gebiet des ehemaligen Regnum „francorum et saxonum“ König Ludwig des Jüngeren. So hatte sich eine Frontstellung zwischen zwei in etwa gleich starken Machtblöcken herausgebildet: Dem konradinisch dominierten Weserraum, Hessen, Südwestfalen und einem babenbergisch-liudolfingischen Block in Mainfranken, Thüringen und Ostfalen. 

2.3. Der Griff nach den babenbergischen Kerngebieten

Gegen Ende des 9. Jahrhunderts waren die Konradiner dann so weit in den früheren Machtbereich der Babenberger vorgedrungen, dass eine militärische Dimension des Konfliktes unmittelbar bevorstand. Aus den Quellen geht hervor, dass die Babenberger Brüder, die Söhne Heinrich I, seit 891 nicht mehr mit der Grafenwürde im Volkfeld-Gau ausgestattet waren. Dieses Amt hatte nun der Konradiner Eberhard inne. Außerdem war 892 der Konradiner Rudolf als Bischof von Würzburg berufen worden. In dieser Situation waren die Babenberger keinesfalls mehr bereit, weitere Schmälerungen ihres Territoriums hinzunehmen.

Die Konradiner auf der Gegenseite fühlten sich durch ihren großen Rückhalt innerhalb der Reichsregierung stark genug, um die Babenberger auch in ihren Kernregionen militärisch niederzuringen. Denn als sich Ende des 9. Jahrhunderts die Auseinandersetzung der Babenberger mit den Konradinern dramatisch zuspitzte, standen den Babenbergern die Liudolfinger als einzige Verbündete zur Seite. Dagegen konnten sich die Konradiner auf einflussreiche Große im Regentenkreis um den Kinderkönig Ludwig stützen.

In dieser angespannten und aufgeheizten Situation bedurfte es nur noch eines kleinen Auslösers, um den militärischen Teil der Fehde in Gang zu setzen. Diesen Auslöser, den Regino fälschlicherweise als alleinige Ursache für die Babenberger Fehde betrachtet, lieferte 897 die Ermordung des königlichen Dieners Trageboto von Untergebenen der babenbergischen Brüder Adalbert und Heinrich II, der wahrscheinlich vom König konfiszierte Güter der Babenberger eintreiben wollte. Schon bald sollte sich daraus eine Fehde von (mittelalterlich) enormen Ausmaßen entwickeln.

3. Die Fehde: Der Endkampf um die Babenburg

Die Babenburg in Bamberg - Schauplatz der Babenberger Fehde
Die Babenburg in Bamberg. Bild: Madlen Reichel / pixelio.de

Die ersten größeren Kriegshandlungen der Babenberger Fehde fanden in den Jahren 902 und 903 statt und schaukelten sich bald auf.Den Auftakt der militärischen Fehde bildete im Jahr 903 der Ausbruch des Babenbergers Adalbert mit seinen Brüdern Adalhart und Heinrich unter Führung einer starken Truppe aus der Burg Babenberg. Hier stellten sie das Heer der Konradiner, das zuvor unter Führung der Konradiner-Brüder Eberhard, Gebhard und Rudolf die Burg belagert hatte. Im darauf folgenden Kampf erlitten die Babenberger aber schwere Verluste. Außerdem mussten die Babenberger den Tod Heinrichs II in der Schlacht und die Gefangennahme Adalharts hinnehmen. Adalhart wurde kurz darauf in Ausübung der Blutrache hingerichtet. Zuvor war der konradinische Graf Eberhard an seinen Wunden aus der Schlacht gestorben.

Ob die Konradiner schon bei der Belagerung der Burg Babenberg offiziell im Auftrag der Reichsregierung gehandelt haben, geht nicht eindeutig aus den Quellen hervor. Sicher ist allerdings, dass sich der Königshof sofort nach der Schlacht eindeutig auf die Seite der Konradiner stellte. Es gelang dem König bzw. dem Regentenkreis gleichfalls, die Mehrzahl der bedeutenden Reichs-Adeligen zur Parteinahme für die Konradiner zu bewegen. Dies wird ersichtlich, wenn man den 903 in Forchheim, im Zentrum des babenbergischen Machtbereichs, abgehaltenen Reichstag aus den Quellen analysiert. Per Beschluss zogen die 31 namentlich bezeugten Adeligen aus allen Teilen des Reiches in Forchheim den Besitz Heinrichs II und Adalhards ein. Wenig später wurden diese Güter der Kirche von Würzburg geschenkt, sprich: dem Konradiner Rudolf. Auch andere Große – insbesondere bayerische Adelige – wurden für ihre Unterstützung mit Gütern aus dem Besitz der Babenberger Brüder entlohnt.

3.1 Vorübergehende konradiner Niederlagen: Vertreibung des Bischofs Rudolf mit Söhnen

Nach der verheerenden Niederlage im Kampf richtete sich der ganze Wille des verbliebenen Babenbergers Adalbert darauf, für die seiner Familie zugefügten Verluste Rache zu nehmen. Nachdem 903 König Ludwig das Kind weiter nach Bayern gezogen war, ergriff er die Initiative und führte einen harten Schlag: Er vertrieb den Konradiner Bischof Rudolf aus Würzburg. Zusätzlich zwang er die Witwe und die Söhne Eberhards, sich aus ihren Besitzungen in sicheres, von den Konradinern kontrolliertes Gebiet hinter den Spessart zurückzuziehen. Für die Jahre 904 und 905 sind größere Kämpfe nicht eindeutig in den Quellen nachzuweisen. Fest steht aber, dass Anfang 906 die Zeit für den konradinischen Gegenschlag gekommen war. Allerdings wollten die Konradiner noch den Aufzug des unterstützenden bayerischen Heeres von Luitpold abwarten, um Adalbert von allen Seiten einkreisen zu können.

2.2 Der Endkampf von 906: Belagerung der Babenburg und Hinrichtung Adalberts

Allerdings nutzte Adalbert diese noch günstigen militärischen Voraussetzungen und ging als Erster gegen die Konradiner vor. Nach einem Ablenkungsmanöver schlug Adalbert die Truppen Graf Konrads vernichtend. Über diese Schlacht berichtet der bereits bekannte Quellenschreiber Regino von Prüm ausführlich. Graf Konrad selbst starb in dieser für die Konradiner verheerenden Schlacht. Adalbert dagegen kehrte beladen mit Beute in die Festung Babenberg zurück. Erst das endgültige Zusammengehen des königlichen Hofs mit den Konradinern und das militärische Eingreifen der Reichsregierung konnte die Wende im Kampf gegen den wehrhaften Babenberger Adalbert bewirken. Auf dem Hoftag von Trebur, über den Regino von Prüm erneut ausführlich berichtet, sollte sich der geladene Adalbert vor dem König verantworten, der allerdings gar nicht erschien. Vermutlich fürchtete Adalbert (berechtigterweise) um seine Sicherheit, da der verbündete Liudolfingerherzog Otto der Erlauchte dort nicht anwesend war.

Als Konsequenz des Fernbleibens von Adalbert sah sich der Königshof (bzw. der Regentenkreis um den König) veranlasst, militärisch gegen Adalbert vorzugehen. Schließlich wurde ein Reichsherr aufgestellt und Adalbert in einer seiner Burgen in Theres/Oberfranken belagert. Nach Angaben Reginos soll Adalbert nach längerer Belagerung, und nachdem sich ein ehemals treuer Gefährte von ihm abgewandt hatte, den Mut verloren haben. So öffnete Adalbert – laut Regino von Prüm – die Tore seiner Feste, mit der hinterhältigen Absicht, nach dem Abrücken des Königs erneut die Konradiner anzugreifen. Nach Regino wurde Adalbert von seinen eigenen Männern verraten, gefesselt, dem König übergeben und hingerichtet. Seine Rechte und Besitzungen wurden konfisziert und den Konradinern überschrieben.

Auf der anderen Seite berichten viele Heldensagen und auch verlässliche Chroniken von einem anderen Ausgang der Fehde, nämlich, dass Hatto, der Erzbischof von Mainz, den Babenberger Adalbert durch eine List aus seiner Burg herausgelockt hatte und Adalbert dann hingerichtet wurde. Warum der babenbergische Verbündete, der Liudolfinger Otto der Erlauchte, nicht in den Endkampf der Fehde eingegriffen hat, bleibt unklar. Mögliche Gründe liegen darin, dass Otto genug politische Klugheit aufbrachte, um nicht militärisch gegen den mächtigen Regentenkreis um den König einzugreifen. Möglich ist auch, dass Otto militärisch im Kampf gegen die Ungarn gebunden war, die in diesem Jahr erstmals den sächsischen Raum angegriffen hatten. Was letztendlich den Ausschlag gab, muss offen bleiben. Auf jeden Fall musste auch Otto der Erlauchte in diesem Zeitraum erhebliche Schmälerungen seines Machtraums hinnehmen.

4. Die Folgen der Babenberger Fehde und der Weg der Konradiner zur Königmacht

Der Sieg der Konradiner in der Babenberger Fehde und die Ausschaltung ihrer Hauptkonkurrenten um die Macht schuf für die Konradiner nun die Möglichkeit, endgültig die beherrschende Stellung im Ostfrankenreich einzunehmen. Nachdem auch Luitpold I von Bayern in der Schlacht von Pressburg 907 im Kampf gegen die Ungarn gefallen war und weitere einflussreiche fränkische Hochadelige ihr Leben verloren hatten, war der Weg für den Konradiner Herzog Konrad (den Jüngeren) frei, nach dem Tod König Ludwig des Kinds 911 zum König des ehemaligen fränkischen Ost-Reichs gewählt zu werden, das nun ein konradinisches Reich werden sollte – allerdings nur für kurze Zeit.

Beitrag erstmals veröffentlicht am 1. März 2015

Literatur und Auswahlbibliographie
  • Becher, Matthias: Rex, Dux und Gens. Untersuchungen zur Entstehung des sächsischen Herzogtums im 9. und 10. Jahrhundert. Husum, Matthiesen 1996.
  • Geldner, Ferdinand: Neue Beiträge zur Geschichte der „alten Babenberger“. Bamberg, Meisenbach, 1971.
  • Störmer, Wilhelm: Die konradinisch-babenbergerische Fehde um 900. Ursachen, Anlass Folgen; in: Goetz, Hans Werner (Hrsg.): Konrad I. Auf dem Weg zum deutschen Reich. Bochum 2006.