Der Verband nationaldeutscher Juden – Selbstwahrnehmung und Außenwirkung

Der Verband nationaldeutscher Juden gehörte zu den zwiespältigsten politischen Erscheinungen der Weimarer Republik. Mit teils scharfer Rhetorik versuchte er die Juden im Reich dazu zu bringen, sich ausschließlich als Deutsche zu begreifen und sich bedingungslos für deutsche Ziele einzusetzen.
Mit seiner radikalen Einstellung machte sich der Verband viele jüdische und nichtjüdische Feinde. Gerade einmal 4000 Mitglieder gehörten ihm an. Das Echo auf seine Tätigkeit war jedoch phasenweise enorm. Selbst Benito Mussolini soll sich anerkennend über ihn geäußert haben. Doch was verband die Mitglieder miteinander, aus welchen Verhältnissen stammten sie, wie sah ihre Verbandstätigkeit aus? Und wie wurden sie von Außenstehenden wahrgenommen?

Max Naumann — Ein nationaldeutscher Jude

Wer an die Geschichte des deutschen Judentums denkt, der denkt häufig an die grausame Verfolgung und Ermordung deutscher Juden durch das NS-Regime zwischen 1933 und 1945. Dieser Blickwinkel leuchtet zwar spontan ein. Allerdings erscheinen dann oft sämtliche deutschen Juden als passive Opfer eines aus den Fugen geratenen Nationalismus.
In diese Perspektive passt Max Naumann nicht hinein. Gemeinsam mit seinem Verband nationaldeutscher Juden propagierte er einen vehementen deutschen Nationalismus, dem sich alle deutschen Juden anschließen sollten. Dabei wurde er oft als jüdischer Antisemit, wenn nicht sogar als eine Art jüdischer Faschist betrachtet. Doch wie sah sein Nationsverständnis genau aus und wie versuchte er, mit dem Loyalitätskonflikt zwischen deutscher und jüdischer Identität umzugehen? Und gab es für ihn überhaupt einen Loyalitätskonflikt?